Zur Ermittlung des IV-Grads wird heute das vor der Invalidität erzielte Einkommen mit demjenigen verglichen, das mit der Invalidität noch erzielbar ist. Oft stützt sich die IV dabei auf die Tabellenlöhne der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE-Tabellen) – und damit auf die Einkommen gesunder Personen, die IV-Bezügerinnen und -Bezüger gar nicht erwirtschaften können. Als Folge davon wird den Versicherten teilweise der berufliche Wiedereinstieg durch eine Umschulung verwehrt oder sie rutschen direkt in die Sozialhilfe ab. Mittels der Motion SGK-N 22.3377 soll diese problematische Berechnungsgrundlage nun auf den 1. Januar 2024 hin geändert werden. In seiner Stellungnahme fordert der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) vom Bundesrat aber, seine neu vorgesehene Berechnungsgrundlage merklich anzupassen.
Laut Motion müsste der Bundesrat den Lösungsvorschlag «Tabellenlöhne nach Riemer-Kafka/Schwegler» als Grundlage für die Neuberechnung miteinbeziehen. Dieser ermöglicht eine realistische Lohneinschätzung für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Indes schlägt der Bundesrat nun ein anderes Modell vor, da das Modell Riemer-Kafka/Schwegler nicht auf den 1. Januar 2024 eingeführt werden könne. Stattdessen sieht der Bundesrat einen Pauschalabzug vor, wonach die gestützt auf die LSE-Tabellen ermittelten Invalideneinkommen pauschal um zehn Prozent reduziert werden sollen.
Aus Sicht des SGV wird die Motion SGK-N damit ungenügend umgesetzt. Angesichts ihrer kurzen Umsetzungsfrist kann der SGV die Einführung eines Pauschalabzugs aber grundsätzlich nachvollziehen. Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass der Pauschalabzug erhöht wird: Laut der vom Bundesrat zitierten Studie BASS müsste der Medianlohn von erwerbstätigen IV-Beziehenden nämlich nicht um zehn, sondern um 17 Prozent tiefer sein, damit Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine Chance haben, ein solches Einkommen auch tatsächlich zu erzielen. Sollte der Bundesrat am Pauschalabzug festhalten, fordert der SGV deshalb, einen Pauschalabzug von 17 Prozent vorzusehen; zudem sind weitere individuelle Abzüge zu prüfen. Schliesslich darf die Anpassung nicht zu einer Schlechterstellung der Versicherten führen, und die neue Berechnungsgrundlage muss regelmässig evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden.
Hier geht’s zur Stellungnahme