«Unternehmen haben ein Interesse daran, dass die Schweiz über ein gut funktionierendes politisches System verfügt»

Marc Mächler

Marc Mächler ist Leiter HNW Rayon St. Gallen und Stellvertretender Direktor bei der UBS. Daneben ist er im Kantonsrat und als Präsident der FDP des Kantons St. Gallen tätig. Im Interview berichtet er über vielfältige Möglichkeiten, wie Grossunternehmen das Milizprinzip erfolgreich umsetzen können und welche Unterstützung er in seinem Alltag als Milizträger erfährt.

Interview: Nicole Wiedemeier und Adrian Michel, Economiesuisse (das Interview wurde im Herbst 2015 geführt. Seit dem 1. Juni 2016 ist Marc Mächler im St. Galler Regierungsrat).

Herr Mächler, die UBS ermöglicht ihren Mitarbeitenden, neben der Arbeit einem politischen Amt nachzugehen. Welche Unterstützungsmöglichkeiten werden geboten?
Zum einen stellt die UBS den Mitarbeitenden die notwendige Zeit zur Verfügung, um das politische Amt ausführen zu können. Dies ist essenziell, aber nicht selbstverständlich. Zum anderen organisiert die UBS Group Governmental Affairs Schweiz für alle politischen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger einmal pro Jahr ein Treffen. Das sogenannte Polit-Forum bietet eine Plattform, um sich untereinander auszutauschen. Zudem besteht an diesen jährlichen Treffen auch die Möglichkeit, mit der Konzernleitung in Kontakt zu treten. So können Anliegen, die in Zusammenhang mit der Ausübung des politischen Mandates stehen, gemeinsam mit allen involvierten Personen diskutiert werden. Damit wird eine bestmögliche Verzahnung von Beruf und Politik sichergestellt.

Wer gab den Anstoss? Die Geschäftsleitung oder einzelne Mitarbeitende?
Die Initiative wurde von beiden Seiten ergriffen. Einerseits bestand ein Bedürfnis auf Seite der Milizträgerinnen und Milizträger, sich untereinander stärker vernetzen zu können. Und andererseits war der damalige Leiter von Public Policy, Herr Adalbert Durrer, wie auch der damalige CEO der UBS, Herr Peter Wuffli, an einem Dialog mit den Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern interessiert. So wurde das Polit-Forum im Jahr 2003 ins Leben gerufen. Heute ist Governmental Affairs Schweiz für die Organisation zuständig. Ihr Team legt auch das Programm sowie die Themen fest. Dieser Prozess geschieht jedoch stets in Rücksprache mit den betroffenen Mitarbeitenden.

Unter welchem Thema standen die letzten drei Anlässe?
Im Jahr 2014 stand das Polit-Forum im Zeichen des «Erfolgsmodells Schweiz». Es wurde ein Podium mit namhaften Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik durchgeführt. Im Jahr 2013 fanden dagegen verschiedene Workshops statt, an denen die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger teilnehmen konnten. Dabei wurden praxisnahe Themen aufgegriffen, wie beispielsweise der Umgang mit Social Media oder mit Medien (Medientraining) sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Politik. Im Jahr 2012 hingegen referierte ein Campaigning-Experte über das Rezept erfolgreicher Kampagnen.

Worin sehen Sie den grössten Nutzen für die UBS?
Die UBS hat ein Interesse daran, dass die Schweiz über ein gut funktionierendes politisches System verfügt, das gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen garantiert. So gehört es auch zu einer «good citizenship», dass sie entsprechende Ressourcen dafür zur Verfügung stellt. Ein Unternehmen kann aber auch direkt von den Erfahrungen, die Mitarbeitende in der Miliztätigkeit erlernen, profitieren. Denn in der Regel weisen solche Personen eine hohe Sozialkompetenz auf und verfügen über ein wertvolles Netzwerk, das auch in der jeweiligen Unternehmung von grosser Bedeutung sein kann.

Welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht?
Meine Direktvorgesetzten haben mich in meiner 19-jährigen Miliztätigkeit stets unterstützt. Selbst in meiner Zeit bei der Investment Bank konnte ich meinem Mandat die notwendige Zeit schenken. Ausserdem wurden meine Erfahrungen sowie mein Wissen im politischen Bereich stets sehr geschätzt – sowohl vom Unternehmen selbst als auch von den Kunden. Sehr wertvoll war es für mich aber auch, dass die Mitarbeitenden um mich herum diese politischen Tätigkeiten ebenfalls mitgetragen haben. Das politische Mandat selber gab mir eine grosse Befriedigung und Bereicherung in meinem Leben. Es ist für mich noch heute ein Privileg, politisch aktiv sein zu dürfen.

Sie haben angedeutet, dass es für die Entlastung einer Milizträgerin oder eines Milizträgers auch das Verständnis der Mitarbeitenden braucht. Inwiefern können diese unterstützend wirken?
Es ist für Milizträgerinnen und Milizträger sehr wichtig, dass das ganze Team, mit dem zusammengearbeitet wird, ein Verständnis sowie auch ein Interesse für das Milizamt entgegenbringt. Denn oft sind es die Arbeitskolleginnen oder Arbeitskollegen, die bei Absenzen der Milizträgerinnen und Milizträger zusätzliche Arbeiten übernehmen müssen. Fehlt das gegenseitige Verständnis und die Bereitschaft, füreinander einzustehen, kann es zu Spannungen kommen und zu einem Interessenskonflikt bei den Milizträgerinnen und Milizträgern.

Wie wichtig ist das Milizprinzip aus Parteisicht?
Das Milizprinzip ist ein wesentlicher Bestandteil des schweizerischen Staatswesens wie auch der Gesellschaft. So basieren fast alle Vereine, zu denen auch die Parteien gehören, auf diesem Prinzip. Leider entspricht es aber einem aktuellen Zeittrend, dass wir uns immer weniger in feste Strukturen einordnen wollen. Deshalb muss das Milizprinzip mit verschiedenen Massnahmen wieder vermehrt gestärkt werden.

Sie sehen im heutigen Milizsystem Verbesserungspotenzial. Woran denken Sie konkret?
Zum einen wäre es wünschenswert, dass die Gesellschaft den Nutzen des Milizprinzips wieder erkennt. Zum anderen sind auch die Unternehmen aufgefordert, ihren Mitarbeitenden für ihre wertvolle Arbeit mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Aus diesem Grund ist diese Initiative von Economiesuisse sehr wichtig!

Über die UBS

Die UBS ist die grösste und stärkste Universalbank der Schweiz. Sie betreut private, institutionelle und Firmenkunden weltweit ebenso wie Retailkunden in der Schweiz. Die UBS ist in mehr als 50 Ländern und an allen wichtigen Finanzplätzen mit Niederlassungen vertreten. Weltweit beschäftigt die Bank zirka 60‘000 Mitarbeitende (davon rund 36 Prozent in der Schweiz).

Weitere Informationen

Logo UBS
 
Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Datenschutzinformationen