Das Milizsystem ist einer der tragenden Pfeiler der Schweizer Politik. Nicht zuletzt dank den zehntausenden Personen, die neben ihren beruflichen und familiären Tätigkeiten öffentliche Ämter bekleiden, bleibt die Politik in der Schweiz bürgernah und die Lebensqualität hoch. Eine Stärkung des Milizsystems liegt deshalb im Interesse aller Staatsebenen und wird auch von der Wirtschaft geteilt.
Damit das Milizsystem erhalten werden kann, müssen in den Gemeinden operative und strategische Aufgaben klarer getrennt werden. Die Exekutive muss sich auf die strategischen Aufgaben fokussieren. Damit kann der Zeitaufwand verkleinert werden.
Interne Organisation anpassenMit neuen Modellen in der Gemeindeführung, mit dem Einsatz neuer Informationstechnologien, einer Überprüfung der Sitzungstermine und -rhythmen sowie einer Vergrösserung der Exekutiven kann der Arbeitsaufwand weiter reduziert werden. Dadurch werden politische Mandate beispielsweise auch für Gewerbetreibende, Unternehmer oder Berufsleute in Führungsfunktionen wieder interessanter.
Verwaltung stärkenEine stärkere Trennung von operativen und strategischen Aufgaben bedingt eine Stärkung der Gemeindeverwaltungen. Das heisst nicht zwingend mehr Stellenprozente, aber mehr Fachkompetenz. Diese kann durch Kooperationen mit anderen Gemeinden, externe Mandate und durch eine entsprechende Aus- und Weiterbildung des Gemeindepersonals sichergestellt werden. Lösungsansätze bieten verschiedene Geschäftsführungsmodelle.
Die Rekrutierungsbasis kann vergrössert werden, indem vermehrt jüngere Menschen angesprochen werden. Bis 2026 will der Schweizerische Gemeindeverband die Zahl der Gemeinderäte unter 40 Jahren substanziell erhöhen.
Mehr Frauen ansprechenGesamtschweizerisch bekleiden die Frauen nicht einmal ein Viertel der Exekutivämter in den Gemeinden. Nach einer Zunahme bis Ende des 20. Jahrhunderts hat die Vertretung der Frauen im Gegensatz zur nationalen Ebene auf Gemeindeebene nicht mehr weiter zugenommen. Die Gemeinden versuchen, vermehrt Frauen anzusprechen – auch ausserhalb von Parteien.
Mehr Rentner und Rentnerinnen einbeziehen
Der Anteil der über 65-Jährigen in den kommunalen Behörden beträgt rund 5 Prozent. Viele im Pensionsalter stehende Einwohnerinnen und Einwohner verfügen über vielfältige Erfahrungen und über freie Zeit. Eine stärkere Vertretung älterer Einwohner und Einwohnerinnen entspräche der demografischen Entwicklung, gleichzeitig könnte ein Exekutivamt den Übergang vom Erwerbs- ins Rentnerleben erleichtern.
Für nichtselbstständige Arbeitnehmer wird es immer schwieriger, den Beruf und ein öffentliches Amt unter einen Hut zu bringen. Dies gilt speziell für Personen in Führungspositionen. Nötig sind ein Entgegenkommen der privaten oder öffentlichen Arbeitgeber, eine entsprechende Freistellungspraxis und Arbeitszeitpolitik, respektive flexible Arbeitszeitmodelle. Die kommunale Ebene ist aufgerufen, bei der Wirtschaft das Verständnis für das Milizsystem zu stärken und aufzuzeigen, dass von der Ausübung eines öffentlichen Amtes Öffentlichkeit und Unternehmen gleichermassen profitieren.
Die Wertschätzung – Respekt, Anerkennung, Entschädigung – ist ein wichtiger Aspekt der Attraktivität von öffentlichen Ämtern. Viele Gemeinden haben die Entschädigungen in den letzten Jahren erhöht. Ein weiterer Ansatz ist die Entwicklung einer Anerkennungskultur, denn es braucht nicht nur höhere finanzielle Entschädigungen, sondern eine grössere Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements.
Handlungsspielraum vergrössernEin immer kleiner werdender Handlungsspielraum und die Verschiebung von Verantwortung zum Kanton und zum Bund schmälern die Attraktivität der Arbeit der kommunalen Milizbehörden. Der Schweizerische Gemeindeverband wehrt sich gegen die zunehmende Bevormundung der Gemeinden durch den Bund und die Kantone und verlangt von ihnen die konsequente Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips sowie bürgerfreundliche und im Milizsystem umsetzbare Vorgaben.
Von Mentoring und überparteilicher Unterstützung bis hin zu neuen Modellen in der Gemeindeführung – die neue Online-Plattform «PROMO Femina» zeigt mit über 120 Massnahmen, wie Frauen leichter Zugang zu politischen Ämtern finden. Das Projekt der Fachhochschule Graubünden leistet so einen Beitrag zur nachhaltigen Steigerung von politisch engagierten Frauen auf Gemeindeebene. Auch der Schweizerische Gemeindeverband ist beteiligt.
Zurzeit werden nur knapp ein Viertel der Sitze in den Schweizer Gemeindeexekutiven von Frauen besetzt. Etwas besser sieht die Situation in den Gemeindeparlamenten aus. Dabei geht diese deutliche Untervertretung der Frauen nicht auf eine systematische Diskriminierung, sondern auf ein zu kleines Angebot an Kandidatinnen zurück.
Um dies zu ändern, hat die Fachhochschule Graubünden gemeinsam mit den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, St. Gallen, Wallis und Zürich, sowie mit Unterstützung des Schweizerischen Gemeindeverbands, das Projekt «PROMO Femina» realisiert.
Entstanden ist die neue Online-Plattform promofemina.fhgr.ch, wo zum einen über 120 Massnahmen mit Beispielen aus der Praxis illustriert und beschrieben sind. Diese richten sich an Gemeinden, Lokalparteien und (Frauen-) Netzwerke. Zum anderen sind auf der Projekt-Webseite Tipps und Tricks, Informationen zur Gemeindepolitik und Videos für interessierte Frauen zu finden. Diese sollen den Eintritt in die Gemeindepolitik erleichtern und niederschwellig ermöglichen.