Altbüron (LU), 950 Einwohner

Sonnenkönigin der Schweizer Gemeinden

Mit dem Solarpreis 2013 hat sich Altbüron (LU) schweizweit als Solargemeinde einen Namen gemacht. Den Impuls gaben zwei innovative Unternehmen im Ort. Der Gemeinderat zog tatkräftig mit.

Die Gemeinde Altbüron liegt idyllisch im Tal der Rot, unweit vom Kloster St. Urban. Am Südhang sind verschiedene neue Ein- und Mehrfamilienhäuser auszumachen. Die 991 Einwohner zählende Gemeinde konnte in den vergangenen drei Jahren fast 50 Neuzuzüger verzeichnen. Im Mittelpunkt der Ortschaft thront unübersehbar die bekannte Antoniuskapelle. Von hier aus wird deutlich, weshalb sich Albüron den Ruf als Solargemeinde erworben hat: Bauvorstand Andreas Meyer weist auf zahlreiche Solaranlagen hin. Herausragend sind dabei zwei grosse Werkhallen sowie die drei Schulhäuser mit ausgedehnten Solardächern. Auf den insgesamt 10‘000 Quadratmetern Altbüroner Dächern wird Strom en masse produziert. Das Dorf erzeugt 32 Prozent seines gesamten Strombedarfs mit Sonnenenergie; das sind 1580 Watt (Wp) pro Einwohner. Soviel wie kein anderes Dorf in der Schweiz. Dafür wurde Altbüron Ende 2013 mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet.

Innovatives Gewerbe

Wie kam es dazu? «Wir haben zwei innovative Unternehmen im Ort, die Affentranger Bau AG und die schaerholzbau ag, sowie einen aufgeschlossenen Gemeinderat, der sich von den Vorteilen einer solaren Energieversorgung überzeugen liess und das Projekt von Anfang an tatkräftig unterstützt hat», erzählt Gemeinderat Andreas Meyer beim Rundgang durch das Dorf. In Altbüron stimme die Chemie zwischen Gewerbe und Politik.
Zwischen 2010 und 2012 baute Walter Schär, Inhaber der Firma schaerholzbau ag altbüron, auf seinen Werkhallen und dem Bürogebäude eine 1700 Quadratmeter grosse Photovoltaikanlage. Die Energiebilanz für Werkgebäude, Herstellung und Montage ist positiv.

Gemeinde zieht mit

Etwa zur gleichen Zeit setzte der Bauunternehmer Markus Affentranger seinen Wunsch, bei der Energie autark und beim Treibhausgas CO2-frei zu sein, in die Tat um. Er installierte 2011 auf dem alten und dem neuen Werkhof die grösste Photovoltaikanlage der Gemeinde. Auf den insgesamt 5400 Quadratmetern generiert er fünfmal mehr Energie, als er für den Betrieb der Gebäude benötigt. Weitere zugemietete Industriedächer im Mittelland decken zusätzlich den Energiebedarf seines Baumaschinenparks. Der Strom wird ins öffentliche Netz des Betreibers Centralschweizer Kraftwerke (CKW) eingespiesen. Affentranger wurde im Jahr 2012 mit dem Schweizer Solarpreis in der Sparte «PlusEnergieBauten» ausgezeichnet.
Die Gemeinde liess sich vom Schwung der beiden Firmen mittragen, sprang auf den fahrenden Zug auf und beschloss, ihre drei Schulhausdächer mit Photovoltaikmodulen zu bestücken. Dafür genehmigten die Stimmbürger Ende 2012 einstimmig einen Sonderkredit von 330‘000 Franken. Die Schulhäuser haben 128 Kilowatt Anlageleistung und produzieren 126‘000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Im laufenden Jahr wird für die Photovoltaikanlagen auf den Schulhäusern ein Bruttoertrag von 18‘800 Franken errechnet. Zieht man die Kosten ab – die Lastgangmessung (Zähler der CKW), die Bankzinsen und die Versicherung – bleibt netto ein Erlös von 10‘122 Franken. Voraussichtlich im Jahr 2015 ist die Anlage zur kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) berechtigt; dann wird sich der Solarerlös verdreifachen.

Eine Frage der Wirtschaftlichkeit

Das leuchtende Vorbild der beiden Unternehmer und der Gemeinde ermutigte verschiedene Altbüroner, ebenfalls eine Solaranlage zu bauen. Zum Beispiel Bauer Markus Forster. Er hat 2012 ein Scheunendach mit 539 Quadratmetern Photovoltaikpanels eingedeckt. Momentan zahlen ihm die CKW 15 Rappen pro Kilowattstunde. Forster ist seit drei Jahren bei der KEV angemeldet. Sobald er dort aufgenommen wird, erhält er 31 Rappen. Damit wird sich die Investition rechnen.
«Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen interessiert die Leute immer zuerst», erzählt Bauvorsteher Meyer. Wichtig sei, die abstrakte Grösse Kilowattstunden in Franken auszudrücken: «Wenn ich von 1,44 Millionen Kilowattstunden rede, dem Photovoltaik-Gesamtertrag Altbürons, sagt das den meisten Leuten weniger, als wenn ich den Stromverkaufserlös in Franken beziffere, nämlich 315‘000 Franken.» Soviel fliesst den Altbüroner Photovoltaik-Anlagenbesitzern jedes Jahr zu. «Indirekt profitiert natürlich die Einwohnergemeinde von den Steuern, die diese Beträge auslösen.»

Gute Bauberatung ist das A und O

Gemeinderat Meyer hat einen Traum: Mit einem geschickten Vorgehen liesse sich in jedem Haus eine Solaranlage realisieren, ist er überzeugt. Bauherren rät er daher, den Einbau von thermischen oder photovoltaischen Anlagen von Anfang an ins Finanzierungskonzept eines Neubaus einzuplanen. «Synergien zwischen Investition und den späteren Betriebskosten sind für den Bauherrn wirtschaftlich von Vorteil.»
Am Ende habe die junge Familie solares Warmwasser vom Dach – und das während mehr als 25 Jahren. Nachträglich eingebaute Anlagen seien um einiges teurer, da etwa Fallrohre fehlten oder der falsche Boilertyp eingebaut sei. Bei der Sensibilisierung von Bauwilligen für Solaranlagen komme den Banken und Architekten die wichtige Rolle als Motivatoren zu, die sie heute nur mangelhaft wahrnähmen, bedauert der Bauvorstand.

Solaranlagen prägen Ortsbild

Die Installation von Photovoltaikanlagen schafft Arbeit bei ansässigen Firmen – Dachdeckern, Spenglern, Elektrikern und Sanitärinstallateuren – und trägt so zur lokalen Wertschöpfung bei. Es sei ihm aber auch ein grosses Anliegen, dass die Solaranlagen gewisse ästhetische Auflagen erfüllten, betont Meyer. Das Ortsbild soll nicht durch Wildwuchs von Photovoltaikmodulen verschandelt werden, wie dies teilweise im Ausland der Fall sei. «Formschöne Anlagen prägen ein Ortsbild über Jahrzehnte.» Aus Sicht der Ästhetik sei es von Vorteil, wenn die Installation einer Photovoltaikanlage aus einer Hand stamme. Etwas Sorge machen dem Bauvorstand darum die neuen Bestimmungen des Planungs- und Baugesetzes vom 1. April 2014. Danach brauchen Anlagen bis 50 Quadratmeter Fläche keine Bewilligung mehr.
In einer überschaubaren Gemeinde wie Altbüron geht man daher aktiv auf Bauherren zu und berät sie. Und man ist flexibel. Der Gemeinderat kann beim Gestaltungsplan auch einmal eine Sonderbewilligung erteilen: Statt einem Giebeldach darf ein Neubau ein Pultdach haben, was einen grösseren Ertrag bei einer Solaranlage erlaubt. «Gemeinden sollen nicht verhindern, sondern unterstützen, wenn es um eine gute Sache geht», sagt Meyer. Als Bauunternehmer Affentranger 2012 seine Werkhalle bauen wollte, kam ihm die Gemeinde entgegen; sie änderte den Richtplan von drei Parzellen, sodass ein grosses Gebäude gebaut werden konnte. Altbüron verfügt auch über einen Holzwärmeverbund. Dank der Firma Bossert Forst AG können 52 Liegenschaften mit 66 Wohnungen mit Wärme versorgt werden.

Nächstes Ziel: 2000-Watt-Gemeinde

Im Kanton Luzern hat Altbüron Vorzeigecharakter. «Wir sehen uns als Beispielträger in der Schweizer Gemeindelandschaft», sagt Meyer. Als nächstes Ziel fasst Altbüron eine Bewerbung als 2000-Watt-Gemeinde ins Auge. Hier geht es nicht nur um Energie, sondern auch um Themen wie Mobilität und Biodiversität, denen man in Altbüron grosse Aufmerksamkeit schenkt. Die Umgebung des Schulhauses ist mit Magerwiesen und Biotopen naturnah gestaltet. Und beim öffentlichen Verkehr wird eine Verbesserung angestrebt, damit mehr Leute ihr Auto zuhause stehen lassen können.

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Bühl 27
6147 Altbüron
Tel. 062 207 00 80
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Zahlen und Fakten

  • Jährliche Produktion der thermischen Kollektoren: 73‘000 kWh
  • Jährliche Stromproduktion der Photovoltaikanlagen: 1,44 Millionen kWh


 
 
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